Elfenbeinnuss aus der Werkstatt eines Goldschmiedes
Mit dem Schmuck ist es so: Entweder wil man einen scharfen Kontrast erreichen und schafft mit Gold, Diamanten und den Edelsteinen ein extraordinäres Image für einen Menschen. Oder aber man geht einen anderen Weg und setzt nur Akzente, ganz zart. Man lässt nichts hervorstechen, sondern schafft Nuancen. Überhaupt wirken Schmuckstücke organischen Ursprungs dezenter, sie verführen nicht so sehr durch Glanz, sondern durch die Ruhe, die sie vor allem ausstrahlen - der Bernstein, das Elfenbein, das Perlmutt.
So ist die Tagua-Nuss, auch Elfenbeinnuss genannt. Die Tagua-Nuss ist eine Palmenfrucht der Elfenbeinpalme, Phytephas macroarpa, die in Mittelamerika und Südafrika wächst. Der Baum selbst kann sieben Meter in der Höhe erreichen, die reifen Nüsse sind weich und schmecken angenehm. Wenn sie aber austrocknen, werden die Tagua-Nüsse hart. In Farbe und Struktur ähnelt sie tatsächlich dem Elfenbein. Es nimmt also nicht Wunder, dass man die Tagua- oder Corosso-Nuss, als sie im 17. Jahrhundert in damals New Granada, den spanischen Kolonien in Ecuador, Columbia, Panama und Venezuela, gefunden wurde, pflanzliches Elfenbein nannte.
Christiane Theise arbeitet mit Elfenbeinnuss. Sie ist Goldschmied, hat aber gerade diese Feinnervenstruktur einer organischen Substanz für ihre besondere Art Schmuck entdeckt. Handwerklich ist es kein unkompliziertes Verfahren, aus Elfenbeinnuss Ohrringe oder Ringe zu fertigen. Denn bei aller ihrer Diskretion verhält sich Tagua tückisch wie jedes Leben sonst: sie ist hart, aber brüchig, leicht, aber nicht wieder verwertbar.
Die Schale der Tagua-Nuss, an der wie am gewölbten Raumzeitkontinuum in den Computeranimationen zur Relativitätstheorie seltsame Auswüchse, Krater, Tunnel, Dellen und Spiralen entstehen, umgibt immer noch einen hohlen Innenraum. Die von Christiane Theise feinfühlig gefärbten Oberflächen weisen bei jedem Schmuckstück immer noch auf die natürliche Farbe der Palmenfrucht hin. Und ihre Ringe, Ohrringe und Ketten berühren immer noch unmittelbar die Haut.
Und gerade da steckt die künstlerische Intuition, die diesen Objekten ihre Einmaligkeit verleiht. Christiane Theise formuliert es so: "Man spürt sie gerne auf der Haut. Sie sind nicht aus Metall, das kratzt, und sie sind nicht aus Stein, der kalt ist. Der Rest ist Fantasie." Und Ansichtssache. Denn je nach dem kann man im Schmuck von Christiane Theise das Kunstvolle oder das Natürliche sehen. Das Hervorgehobene oder das Ursprüngliche.
Das Dezente oder das Extarvagante. Und wofür man sich dann auch entscheidet, schwingt das andere doch noch unbemerkt mit. Text: Alexej Kairetdinov zurück zur Fotogalerie
Space1 Space2 Aktuelles Schmuck Material zur Person Impressum / Kontakt Space3 Space4